Aktuelle Debatten im Bundestag zur Kraft-Wärme-Kopplung

Bundestag, Oliver Krischer (Bild: Standbild Youtube)Der Deutsche Bundestag hat sich in der vergangenen Woche am Donnerstag mit Fragen der Energieeffizienz und insbesondere der Kraft-Wärme-Kopplung beschäftigt. Mit den Stimmen der Koalitionsparteien wurden jedoch Anträge der SPD und Grünen zur Stärkung der KWK abgelehnt beziehungsweise durch Verweisung in Ausschüsse auf die lange Bank geschoben.

Die SPD beantragte neben dem bestehenden Ziel eines Anteils von 25 Prozent Kraft-Wärme-Kopplung an der Stromerzeugung 2020 ein Ziel von 30 Prozent für das Jahr 2025 zu formulieren. Weiterhin sollten dem Antrag entsprechend Anreize für eine netzbedarfsgeführte Betriebsweise von BHKW geschaffen werden und die Rechte von BHKW-Betreibern gegenüber Energiekonzernen und Netzbetreibern gestärkt werden sowie die Modernisierung bestehender Anlagen erleichtert werden. Diese Antrag wurde von der CDU/FDP Koalition gegen die Stimmen aus allen Oppositionsparteien abgelehnt.
Download (PDF): Antrag der SPD-Fraktion (Drucksache 17/6084)

Der zweite Antrag von den Grünen wurde zur Beratung in Ausschüsse verwiesen. Die Grünen beantragten eine grundsätzliche Verpflichtung zur Wärmeauskopplung bei neuen fossilen Kraftwerken, eine Forderung die auch vom BHKW-Forum vertreten wird. Zudem sollen laut dem Antrag der Grünen konkrete Ziele für die Primärenergieeinsparung in der EU festgelegt werden und bei öffentlichen Gebäuden stärker auf Energieeffizienz geachtet werden.
Download (PDF): Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen (Drucksache 17/7462)

Im Verlauf der Diskussion im Plenum warfen die Oppositionsparteien der Bundesregierung Untätigkeit im Bereich Kraft-Wärme-Kopplung und Lobbypolitik für ineffiziente fossile Großkraftwerke vor. Im folgenden haben wir die interessantesten Passagen der Debatte zusammengefasst.


Oliver Krischer, Bündnis 90/Die Grünen
(Video: Bundestagsfernsehen)

Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
„Die Bundesregierung stellt doppelt so viel Geld für die Förderung fossiler Kraftwerke wie für Energieeffizienzanwendungen zur Verfügung und sogar fünfmal so viel für die Förderung energieintensiver Industrie.“

Joachim Pfeiffer (CDU/CSU):
Wir setzen auf Fördern und Fordern. Wir setzen auf Marktanreizprogramme. Wir wollen die Leute mitnehmen. Wir wollen keinen Blockwart im Hauskeller. Wir wollen die Leute überzeugen. Wir wollen, dass sie mitmachen, weil es für sie selber etwas bringt. Diesbezüglich befinden wir uns auf einem schwierigen Weg.

Rolf Hempelmann (SPD):
Wir alle wissen, dass beispielsweise RWE beim Bundeswirtschaftsministerium Papiere eingereicht hat, die dort eins zu eins übernommen wurden, und dass dort eine ganz klare Ablehnung gegen die KWK, die effizienteste Form der Umwandlung von Primärenergieträgern in Strom und Wärme, aufgebaut wurde. […] Die geplante Änderung des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes […] haben Sie x-mal verschoben. Jetzt soll im Herbst 2011 eine Vorlage kommen. Die Uhr tickt. Der Herbst ist schon weit fortgeschritten. Warten wir einmal ab, was Sie liefern. […] Es reicht nicht, wenn wir alle nur sagen, Effizienz sei das Gebot der Stunde und die wichtigste Quelle für eine erfolgreiche Energiepolitik. Wir müssen auch dementsprechend handeln.

Klaus Breil (FDP):
Voraussichtlich noch im November dieses Jahres wird das Bundeswirtschaftsministerium einen Evaluationsbericht zur Kraft-Wärme- Koppelung vorlegen, übrigens zusammen mit den Eckpunkten der Novelle des KWK-Gesetzes; diese wird dann im nächsten Jahr folgen. […] Es ist daher einäugig, den KWK-Anteil bis 2020 unter Zwang auf 30 Prozent ausbauen zu wollen. So steht es im Antrag der Grünen. Auch in einer künftigen Strategie zum Ausbau der KWK-Kraftwerke müssen Versorgungssicherheit und Wirtschaftlichkeit beachtet werden. […]Damit möchte ich zu meinem Schlusssatz kommen: Lassen Sie die Wirtschaft einfach mal machen!

Dorothée Menzner (DIE LINKE):
Da fragt man sich: Wo leben Sie eigentlich? Erklären Sie mir und der Öffentlichkeit doch bitte einmal, woher Sie die Gewissheit nehmen, dass plötzlich nicht Profitstreben, sondern soziale und ökologische Moral Triebfeder ökonomischen Handelns wird. […] Nein, mir und vielen anderen Bürgerinnen und
Bürgern fehlt da das Vertrauen. Es braucht für die Industrie klare Ziele und klare Vorgaben und dann auch Kontrollen hin zu mehr Energieeffizienz und -einsparung. Nur ein Beispiel sind verbindliche Schritte weg von der Quasifreistellung vieler Unternehmen von der EEG-Umlage, eine Freistellung, die die privaten Verbraucherinnen und Verbraucher mitbezahlen. Ich möchte Sie daran erinnern – gerade nach der Rede vom Kollegen Breil erscheint mir das dringend notwendig –: Der Bundestag hat durch das Volk nicht den Auftrag bekommen, der Industrie zu vertrauen. Wir haben den Auftrag, dem Wohle der Menschen zu dienen.

Thomas Bareiß (CDU/CSU):
[…] haben wir schon heute das politische Signal gegeben, dass wir zur KWK stehen. In der anstehenden Gesetzesnovelle werden wir noch in diesem Jahr weitere Detailregelungen schaffen. Dazu wird die Bundesregierung schon Ende November einen Zwischenbericht vorlegen. Auf dieser Basis werden wir dann noch in diesem Jahr den Gesetzentwurf einbringen. Wir müssen bei der anstehenden Novelle nicht nur über die Vergütungssätze sprechen, wie es in Ihren Anträgen der Fall ist, sondern vor allem über die Frage, welchen Beitrag die KWK zur Systemstabilität leisten kann. Das ist, glaube ich, der wichtigste Beitrag.
Wir müssen auch über interessante Ansätze zur Wärmespeicherung sprechen. Diese spielen eine wichtige Rolle, da sie KWK-Anlagen eine flexiblere, stromgeführte Fahrweise ermöglichen, die wir zur besseren Integration der fluktuierenden erneuerbaren Energien brauchen. […] Mehr Energieeffizienz kann auch weniger KWK bedeuten. […] Deshalb werden wir Ihre Anträge ablehnen, und Ende des Jahres werden wir eine KWKG-Novelle vorlegen, die sich mit den Herausforderungen wirklich auseinandersetzt und Sinn macht.

Oliver Krischer (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Es war entlarvend, was wir heute zum Thema Energieeffizienz gehört haben. Die Wirtschaft solle es machen, hat Herr Breil gesagt. Ich glaube, deutlicher kann man es nicht darstellen, dass diese Bundesregierung überall – in Brüssel und in Deutschland – im Bremserhäuschen sitzt und beim Thema Energieeffizienz Blockadepolitik betreibt. […] Sie haben direkt nach Regierungsantritt das Impulsprogramm für Mini-KWK-Anlagen kaputtgemacht, obwohl sich Mittelständler und kleine Unternehmen auf eine Förderung verlassen haben. Sie verunsichern die Unternehmen der Branche, die in dem Bereich investieren wollen; das ist es, was Sie in den letzten zwei Jahren in dem Bereich gemacht haben. […] Die Kanzlerin hatte vor den Sommerferien angekündigt, es komme eine KWKG-Novelle. Herr Breil sagte gerade, sie komme im nächsten Jahr; Herr Bareiß sagte, sie komme in diesem Jahr. Ja, was denn nun? […] Alle reden davon, dass wir neue Kraftwerkskapazitäten brauchen. Das mag sein. Aber dann nutzen Sie doch das, was auf der Hand liegt: die hocheffiziente Kraft-Wärme-Kopplung. Mit der KWK kann man eine ideale Ergänzung zu den erneuerbaren Energien schaffen. Sie könnten ein entsprechendes Kraftwerksbauförderprogramm schaffen, anstatt – das ist eine falsche Politik – irgendwelchen Kohlekraftwerksbetreibern Geld aus dem Energie- und Klimafonds hinterherzuwerfen. Ich sage Ihnen: Lassen Sie uns die Chancen nutzen. Es gibt in Deutschland Millionen von Heizungsanlagen, die in den nächsten Jahren ersetzt werden müssen. Anstatt da überkommene Technik wie Öl- oder Gasheizungen einzubauen, sollten wir eine dezentrale Versorgung über die Kraft-Wärme-Kopplung schaffen

Download Volltext (PDF): Plenarprotokoll des Bundestages vom 27.10.2011 (17/136)
(Bild: Standbild Youtube)

 

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